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Die Geste – Was ist Gestik?
Ein Zeichen mit seinem Zeigefinger: Komm zu mir! Sie schüttelt den Kopf, bleibt sitzen. Er geht auf sie zu, reicht ihr seine Hände und hilft ihr aufzustehen. Beide balancieren auf einem Baumstamm, beginnen zu tanzen, kommen sich näher. Diese Szene, die sehr mit Gestik und Körpersprache spielt, stammt aus dem Kultfilm Dirty Dancing.
Hey DU! Ja, DU!
Hände können mehr als nur zeigen!

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Reden ohne zu gestikulieren ist fast unmöglich
Auch heute noch ist der Fehlglaube weit verbreitet, dass viel Gestikulieren eher ein negatives Zeichen sei. Es sei fahrig und ein Zeichen, dass gestikulierende Menschen sich nicht richtig ausdrücken könnten. Stattdessen hilft Gestik uns sogar, uns besser zu konzentrieren und zu lernen, wenn unsere Worte mit den Händen untermalt werden.
Forscher vom Leipziger Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften fanden heraus, wie Probanden am leichtesten Vokabeln lernten. Nämlich dann, wenn sie die jeweiligen Begriffe mit selbst gewählten Gesten nachzeichneten. Auch andere multisensorische Lernmodelle – etwas mit mehreren Sinnen zu lernen – funktionieren besser als das sture Auswendiglernen. Dies liegt daran, dass der gleichzeitige Input einer Information über mehrere Sinnesorgane dem Gehirn vorspiegelt, dass diese Information gewichtiger ist und entsprechend besser abgespeichert werden muss.
Die Hände können Türen öffnen!
Richtig, das stimmt. Das können sie auch: die Türklinke herunterdrücken. Und nicht nur das, denn der Hände-Druck ist mitentscheidend für den ersten Ein-Druck. Der erste Kontakt – die erste Berührung geschieht meist durch die Begrüßung mit den Händen. Wie dieser Handschlag abläuft, kann großen Einfluss auf das weitere Gespräch oder die Beziehung zu dieser Person haben. Denn dies verrät, ob man es mit einer dominanten oder ängstlichen Persönlichkeit zu tun hat.
Was sind positive, was sind negative Gesten?
Generell kann man sagen: Sind die Gesten unterhalb der Taille oder nach unten gerichtet, sind ihre Aussagen eher negativ zu deuten. In Taillenhöhe sind sie neutral und die positiven Aussagen sind oberhalb der Taille zu finden, bzw. die entsprechenden Gesten sind aufwärts gerichtet.
Tipp: Vermeidet negative Gestik, so gut es geht. Sie schwächt den Gesamteindruck von dem, was ihr sagt. Auch wenn das für die meisten von uns leichter gesagt als getan ist. Zu tief sitzt das, was uns in unserer Kindheit beigebracht wurde. Etwa solche Sätze wie „Man lobt sich nicht selbst“ motivieren unser Unterbewusstsein eher, negative Aussagen zu verstärken. Dies führt dazu, dass selbst unsere positiven Aussagen meist nur mit neutralen Gesten begleitet werden.
Die Gestik gibt daher zu oft den eigentlichen Gemütszustand preis. Unsere Hände verraten, wenn wir etwas anders denken, als wir zeigen wollen. Selbst dann, wenn wir auf unsere Haltung achten und bewusst gerade und aufrecht stehen.
Beispielsweise geschieht dies mit den „Hand-Hals-Gesten“. Sie sind zwar oberhalb der Taille, wirken allerdings negativ. Wollen unsere Hände ins Gesicht fassen, Nase oder Mund berühren, verrät dies Unsicherheit, Verlegenheit. Es kann auch sein, dass wir eine gerade gehörte oder gesagte Aussage ablehnen. Menschen, die sich dessen bewusst sind, nehmen oft den Hals als Alternative. Als Bestrafungsgeste wird der Griff ans Ohrläppchen bezeichnet, das bedeutet alles andere als Begeisterung und Entgegenkommen.
Zeichen der Macht – Dominanz-Gesten
Dominanz-Gesten zeigen Macht, Stärke und Durchsetzungskraft. Beobachtet mal Menschen in Führungspositionen: Wie bewegen sie sich? Welche Gesten verwenden sie? Es gibt einige typische Zeichen, die Macht demonstrieren. Nicht nur im Tierreich erkennt man sofort, wer das Alphatier ist.
Auch bei Menschen gibt es typische Zeichen der Macht. Wenn ihr selbst die eine oder andere Geste verwenden wollt, um mehr Stärke zu zeigen, achtet darauf, das ihr sie bewusst einsetzt und in Maßen. Ansonsten kann das schnell als Imponiergehabe aufgefasst werden. Und das schreckt andere eher ab, als dass es ihnen imponiert. Wer im Beruf diese Dominanzsignale gegenüber seinem Chef anwendet, hat wohl nicht mehr so viel Lust auf seinen Job.
5 charakteristische Zeichen für Macht
Fremde Gesten?
Wir können lernen, Gesten bewusst einzusetzen und sie uns so antrainieren, dass wir sie automatisch nutzen. Sodass sie fast ein Teil unserer Selbst werden. Wichtig ist, echt zu sein und echt zu bleiben. Trainiert kann auch schnell aufgesetzt wirken. Um das zu vermeiden, kann man sich fragen, welche Einstellung, welches Lebensgefühl hinter der Geste steckt, die man sich antrainieren will. Passt diese Einstellung überhaupt zum eigenen Charakter? Wenn ja, dann kann man sie sich ebenfalls antrainieren. So erreicht man wirkliche Authentizität.
Wollt ihr eure Einstellung ändern oder „nur“ in bestimmten Situationen eine bessere Gestik verwenden? Auf jeden Fall solltet ihr die passende Mimik und Körperhaltung mit üben. Sonst widersprecht ihr euch womöglich noch selbst. Wichtig ist zudem, auf die Intensität der Gesten zu achten. Eine gute Basis bildet zum Beispiel,ein mittleres Tempo bei ausgewogenen Handbewegungen mit geöffneten Handflächen.
Es ist Geduld gefragt, wenn man eine „fremde“ Geste in das eigene Repertoire aufnehmen will. Politiker, professionelle Redner und Vorstandsvorsitzende von Großunternehmen lassen sich sehr intensiv coachen. Dann passt ihre Gestik zu dem, was sie mit ihren Statements aussagen wollen.
Die Profis der fremden Gesten ...
Die Könige der Fremdgestenbeherrschung sind allerdings die Schauspieler. Sie schlüpfen in verschiedene Charaktere mit jeweils eigener Körpersprache. Da zählt die innere Einstellung: Wie authentisch sind sie selbst? Sind sie sich ihrer eigenen Persönlichkeit bewusst? Und wie nahtlos können sie eine andere Persönlichkeit annehmen? Denn nur so können sie die Rollen so spielen, dass der Zuschauer es ihnen abnimmt. Dann lässt dieser sich auch in eine andere Welt zu entführen, wie es bei „Dirty Dancing“ der Fall war. In diesem Film verzauberten Patrick Swayze und Jennifer Grey eine ganze Generation. Mit ihrer Leidenschaft zueinander und für den Tanz zauberten sie eine Magie auf die Leinwand, die den Film zu einem Überraschungserfolg machte. Im echten Leben allerdings mochten sich die Beiden überhaupt nicht. Dennoch glaubte man ihnen diese Innigkeit und Liebe dank ihrer Körpersprache.
Schaut genau hin!
Eure Hände erzählen so einiges ...

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Körpersprache Hände
Gestik ist ein Mittel zur nonverbalen Kommunikation mit anderen Personen oder Tieren. Denn mit Bewegungen unserer Finger, Hände und Arme können wir Informationen übermitteln. Dies machen wir entweder versteckt, wie eine abwertende Handbewegung, oder weit sichtbar, wie ein Schiedsrichter, der dem Stadion zeigt, dass es Elfmeter gibt.
Wenn ein Fremder auf uns zukommt, sind seine Hände einer der ersten Körperteile, die unser Blick in den ersten Sekundenbruchteilen „abscannt“. Unser Gehirn versucht damit einzuschätzen, ob uns durch den Fremden Gefahr droht. Sind die Hände zu Fäusten geballt, tragen sie eine Waffe, sind sie geöffnet und einladend oder in der Hosentasche?
Hände – mehr als Werkzeuge und Greiforgan ...
Gehen wir einmal ein Stück zurück. Durch den aufrechten Gang erlangten unsere Vorfahren den Luxus, die Hände für andere Dinge freizuhaben. Dadurch konnten sie schwere Sachen tragen, Werkzeuge herstellen und auf etwas zeigen – die einfachste Form, sich mitzuteilen. Schnell entwickelte sich daraus eine große Vielfalt an Gesten. Denn der Mensch hat eine weitere wichtige Fähigkeit: er lernt dank seiner Logik und Neugier extrem schnell.
Durch die Fähigkeit zur Kommunikation konnten die Frühmenschen nun beispielsweise größere Tiere jagen. Denn sie konnten die Jagd nun mit Handzeichen und einfachen Lauten koordinieren. Im Laufe der Zeit wuchs die Vielfalt der Ausdrucksformen immer weiter. Bis die Gestik schließlich selbst ein Werkzeug für eine weitere Errungenschaft wurde: die Sprache.
Um ein Wort auszusprechen, arbeiten Mund, Stimmbänder, Kehlkopfmuskeln und Atmung zusammen. Der Teil unseres Gehirns, der dies steuert, ist derselbe, in dem ein Gedanke zu einem Wort geformt wird. Dieser Bereich heißt „limbisches System“, und in ihm findet kein bewusstes Denken statt. Das übernimmt der „Neokortex“, entwicklungsgeschichtlich der jüngste Teil des Gehirns. Es ist der Teil, der uns durch die Fähigkeit zum logischen und abstrakten Denken erst zum Menschen macht.
Gestik und Sprache – scheinbar getrennt und doch verbunden
Die Hauptaufgabe des limbischen Systems ist es, unmittelbar auf Reize zu reagieren. Sehen wir zum Beispiel einen Gegenstand auf uns zufliegen, weichen wir aus oder heben unseren Arm, um ihn abzuwehren. Stolpern wir, bewegen sich unsere Beine und Arme reflexartig, „wie von selbst“, um unser Gleichgewicht wiederzuerlangen. Und bei einer Bedrohung fliehen, verstecken oder verteidigen wir uns. Bei inneren Reizen läuft dies genauso wie bei äußeren. Das limbische System „übersetzt“ sie in körpersprachliche und sprachliche Ausdrücke.
Die ältere Schwester des Worts ist also die Geste. Wenn wir ein Gefühl empfinden, bzw. einen Wunsch, der so stark ist, dass wir ihn aussprechen wollen, werden im Gehirn eines modernen Menschen zwei Befehle ausgeführt. Erstens führt der Körper eine zum Gefühl passende körperliche Umsetzung aus. Und zweitens entsteht in Zusammenarbeit von limbischem System und Neokortex ein sprachlicher Ausdruck. Wenn wir uns dafür entscheiden, einen Gedanken nicht ehrlich auszusprechen („Das Kleid steht dir aber gut!“) verrät die Körpersprache doch unsere wahre Ansicht (z. B. durch einseitig hochgezogene Augenbrauen).
Gestikulieren – Mit Händen und Füßen reden!
Kennt Ihr das Sprichwort: „Er redet mit Händen und Füßen“? Bewegungen können Sprache ersetzen, sie untermalen oder anreichern. Sie bieten uns damit die Chance, mehr über das Gesagte zu erfahren, als der Sprecher bewusst mitteilen will.
Gesten deuten zu können, kann uns helfen, die Gefühle, Beweggründe und Sichtweisen anderer Leute besser zu erkennen. Denn Gesten sind eben nicht wahllose Bewegungen, sondern Reaktionen des limbischen Gehirns auf entsprechende Reize. Setzt sich beispielsweise jemand neben uns, den wir nicht ausstehen können, lehnen wir uns in die andere Richtung oder drehen uns weg. Auch wie oder wo unsere Hände uns selbst oder jemand anderen berühren, verrät viel über unsere Gefühle und Anliegen in dem Moment.
Geste bewusst ausgeführt – woran merke ich das?
Wenn es gut gemacht wurde – gar nicht. Am authentischsten ist eine Geste, wenn sie kurz vor der Sprache ausgeführt wird. Außerdem sollte sie zu der restlichen Körpersprache passen. Es nützt nämlich nichts, mit hochgestrecktem Daumen zu sagen: „Ja, ich schaffe das bis zur Deadline!“, dabei jedoch den Kopf zu schütteln und die Mundwinkel nach unten zu ziehen. Einem aufmerksamem Beobachter wird der Widerspruch zwischen dem Gesprochenem und dem, was nonverbal gesagt wurde, auffallen. Also haltet nach Momenten Ausschau, in denen euer Gesprächspartner unauthentisch wirkt. Nämlich dann, wenn die Bewegung dem Wort widerspricht oder ein bisschen „nachhängt“.
Gesten betonen was wir sagen!
Gesten weisen auf Wichtiges hin. Sie unterstützen Sprache dabei, komplexe Zusammenhänge zu erklären und drücken zudem Gefühle aus. Sie lassen sich, laut des amerikanischen Psycholinguisten David McNeill, typisieren in:
Die Gestik ist zu großen Teilen kulturell geprägt
Vor allem wenn sie bewusst eine sprachliche Äußerung ersetzt oder erweitert. Sie unterscheidet sich von Land zu Land, und jeder kann sie erlernen. Dies geht sogar fast nebenbei und beinahe unmerklich. Kinder etwa lernen die Gestensprache ihres Umfelds problemlos. Und auch Erwachsene, die sich für längere Zeit auf eine fremde Kultur einlassen (z. B. Sprachstudenten), benutzen bald die eine oder andere Handbewegung – vor allem bei Gesprächen mit Einheimischen.
Gestik ist darüber hinaus teilweise angeboren. Neugeborene besitzen einen Grundstock an körperlichen Ausdrucksformen, um mit ihrer Umgebung zu kommunizieren. Sie erweitern diesen mithilfe des sogenannten Spiegelns. Mit anderen Worten: Sie imitieren Mimik und Gestik ihrer Bezugspersonen. Auf die angeborene Grund-Körpersprache deutet auch eine weitere Erkenntnis einer Forschergruppe der University of British Columbia hin. Die Forscher beobachteten nämlich, dass blinde Menschen beim Sprechen gestikulieren. Und zwar auch dann, wenn sie wissen, dass ihr Gegenüber ebenfalls blind ist.